«Im Gespräch mit Insertion Genève»
Der Professionalisierungsprozess, die Auswirkungen der Einführung des Mindestlohns im Kanton oder auch das Treffen mit den Arbeitgeberverbänden – in ihrem Interview erzählt uns Insertion Genève von seinem Werdegang, ihren Ambitionen für die Zukunft und äussert sich zu den regionalen Herausforderungen, die sie beschäftigen.
Wie würden Sie Ihren Verband in wenigen Worten vorstellen?
Insertion Genève ist eine Vereinsstruktur, die von einem fünfköpfigen ehrenamtlichen Vorstand geleitet wird. In seinem Bestreben, den Verein zu professionalisieren, hat Insertion Genève am 1. November 2022 eine Geschäftsstelle geschaffen und Alexandra Ribi zu 40% angestellt, um die Aktivitäten des Verbands zu koordinieren. Zum heutigen Zeitpunkt vereint Insertion Genève 25 Organisationen, die im Bereich der Bildung und der sozioprofessionellen Integration im Kanton Genf tätig sind. Mit der Professionalisierung von Insertion Genève verfolgen wir das Ziel, die Interessenvertretung unserer Mitglieder gegenüber den Behörden zu stärken und mehr Dienstleistungen anzubieten.
Einige Wort zu Ihren Aktivitäten und Aktualitäten?
Die Professionalisierung von Insertion Genève ist unsere derzeitige Priorität. Wir begannen mit einer Phase, in der wir die Kontaktdaten unserer Mitglieder erfassten und aktualisierten. Anschliessend legten wir drei grosse Schritte für die Professionalisierung fest: die Verbesserung der Organisation und der allgemeinen Funktionsweise von Insertion Genève, die Erhöhung unserer Sichtbarkeit und schliesslich die Entwicklung unserer Dienstleistungen.
Wir trafen uns proaktiv mit unseren Mitgliedern, um sie besser kennen zu lernen und ihre Aktivitäten zu entdecken. Gleichzeitig entwickelten wir eine Online-Umfrage, um die Informationen in unserer Mitgliederdatenbank zu ergänzen. Eine umfangreiche Arbeit zur Sammlung und Auswertung der Daten aus den Interviews und der Online-Umfrage steht kurz vor dem Abschluss.
Wir haben auch eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um über die Kriterien für die Mitgliedschaft und die Werte von Insertion Genève nachzudenken. Schliesslich haben wir gerade unsere LinkedIn-Seite eingerichtet, die unsere Sichtbarkeit und die Kommunikation mit unseren Mitgliedern verstärken wird.
Welche Herausforderungen beschäftigen Sie heute?
Die Problematik des Mindestlohns für den Fall von Praktika zur beruflichen Wiedereingliederung hat uns in den letzten Monaten beschäftigt. Seit der Anwendung des Mindestlohns im November 2020 in Genf hat es eine Verschärfung der vom Office cantonal de l’inspection et des relations du travail (Ocirt) ausgehenden Richtlinien gegeben, welche die Anbieter verpflichteten, ihre Praktikant:innen zum Mindestlohn zu entlöhnen.
Da einige soziale Einrichtungen nicht in der Lage waren, diese Praktika finanziell zu tragen, wurden zahlreiche Angebote gestrichen oder sind heute gefährdet, was zu Lasten der Leistungsempfänger geht.
«Insertion Genève hat sich in einer vom Departement für sozialen Zusammenhalt geleiteten Arbeitsgruppe engagiert, um einen Entwurf für ein Referenzsystem mit Kriterien für die Ausnahme vom Mindestlohn für Praktika zur sozio-professionellen Eingliederung zu erstellen.»
Insertion Genève hat sich in einer vom Departement für sozialen Zusammenhalt geleiteten Arbeitsgruppe engagiert, um einen Entwurf für ein Referenzsystem mit Kriterien für die Ausnahme vom Mindestlohn für Praktika zur sozio-professionellen Eingliederung zu erstellen.
Im Oktober 2023 beschloss der Genfer Staatsrat, seine Verordnung anzupassen. Praktika zur sozialen und beruflichen Eingliederung können künftig nach genau festgelegten Kriterien vom Mindestlohn ausgenommen werden.
Welche Herausforderungen beschäftigen Sie heute?
Insertion Genève hat Erwartungen an die Einführung einer kantonalen Eingliederungsstrategie, die gemeinsam vom Hospice général und dem OAIS ausgearbeitet wird. Insertion Genève möchte:
- sich als Querschnittsakteur positionieren, der im Namen seiner Mitglieder handelt, um die Stärken und Ressourcen des Sektors der Arbeitsintegration in Genf aufzuzeigen;
- als Bindeglied zwischen den Mitgliedern aller Grössen und den Institutionen (OAIS, HG bislang) fungieren;
- dazu beitragen, dass der Sektor der Arbeitsintegration durch einen Dachverband als eigenständiger Berufssektor anerkannt wird;
- Mandate und Aufgaben für die OAIS und das Hospice Général erfüllen und eine eminent unterstützende Rolle wahrnehmen, die zur Aufwertung der Arbeit aller ihrer Mitglieder beiträgt.
Es geht auch darum, proaktive Treffen mit den Dachverbänden der Arbeitgebenden zu führen, und zwar mit dem Ziel, den Bedarf und die Möglichkeiten in Bezug auf Zusammenarbeit, Vermittlung und kontinuierliche Verbesserung zu ermitteln. Für Insertion Genève ist es in der Tat von entscheidender Bedeutung, ihren Platz in einer reichhaltigen Wirtschaftslandschaft einzunehmen, um zur öffentlichen Debatte beizutragen und Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen, die seine Mitglieder betreffen.
Ebenfalls in dieser Idee der Begegnungen mit den Dachverbänden des Kantons Genf planen wir insbesondere, unseren Austausch mit CAPAS (Collectif d’associations pour l’action sociale) fortzusetzen, um Leistungen zu gewährleisten, die den Bedürfnissen unserer Mitglieder so nahe wie möglich kommen. Da wir ein gemeinsames Zielpublikum haben, möchten wir ein solidarisches und kollaboratives Auftreten zwischen den Dachverbänden fördern.